Notfallpädagogisches Fachsymposium

Am 14.03.2016 wurde durch den Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. das Notfallpädagogische Fachsymposium in Aue veranstaltet. Über 400 Teilnehmer versammelten sich am Montagmorgen im Kulturhaus Aue, um sich einen Tag lang damit zu befassen, wie Kinder in der Auseinandersetzung mit Notfallsituationen unterstützt werden können. Im Fokus stand dabei die Vorbereitung von Kindern auf Erfahrungen mit Sterben und Tod sowie deren Begleitung im Erleben von Notfällen und die anschließende Bewältigung.

Willkommen-Aue

Da auch wir als Verein für Krisenintervention und Notfallseelsorge mit Einsätzen konfrontiert sind, in denen wir Kinder u.a. während und nach Notfallereignissen oder bei der Überbringung von Todesnachrichten begleiten, versprach das Notfallpädagogische Fachsymposium auch für uns viele spannende und lehrreiche Inhalte. So machten sich insgesamt 6 unserer Mitglieder auf den Weg nach Aue.

Mit Prof. Dr. Harald Karutz, Diplom-Pädagoge und Leiter des Notfallpädagogischen Instituts in Essen sowie mit Peter Zehentner, Dipl.-Sozialpädagoge und Leiter des KIT München, hatten die Johanniter gleich zwei Größen auf diesem Fachgebiet angeheuert, welche sich abwechselnd mit verschiedenen Vorträgen die Ehre gaben.

Den Auftakt machte Prof. Dr. Karutz mit einem Vortrag zum kindlichen Erleben von Notfallsituationen. Wie ein Kind mit einem Notfall umgehe, hänge mehr vom subjektiven Erleben des Kindes und den Begleitumständen (z.B. ist das Kind alleine oder betreut) ab, weniger dagegen von der objektiven Schwere des Notfalls. Für Kinder seien viele Erfahrungen neu und daher intensiver, sie würden keine vergleichbaren Vorerfahrungen haben, auf welche sie zurückgreifen könnten. Daher sei es laut Prof. Dr. Karutz wichtig, Kinder zu begleiten und über das, was gerade passiert, zu informieren, sie ernst zu nehmen und Fragen ehrlich zu beantworten. Neben weiteren möglichen Interventionen wies er auch auf die Unterstützung der Eltern hin.

Notfallpädagogik

Anschließend berichtete Peter Zehentner über das Überbringen von Todesnachrichten an Kinder. Besonders in Erinnerung dürfte den Teilnehmern hierbei das vorgestellte Praxisbeispiel sein. Wie reagiert ein Kind auf die Nachricht, dass ein Elternteil verstorben ist? Peter Zehentner ließ die Anwesenden teilhaben und hören und erklärte so Stück für Stück, worauf zu achten sei. Dazu zähle vor allem eine gute Vorbereitung im Vorfeld, auch habe ein Kind das Recht, über die Umstände des Todes informiert zu werden und eigene Fragen zu stellen. Zehentner nutze in seinen Vorträgen vor allem Bilder und Vergleiche, um seine Botschaften zu transportieren. So dürfe man beispielsweise bei der Übermittlung von Todesnachrichten an Kinder keinen „Sprechdurchfall“ erleiden, vielmehr solle man pro Frage eine Antwort geben und auf weitere -ungefragte- Ausführungen verzichten, da diese das Kind möglicherweise überfordern könnten.

Zum Umgang mit Kindern bei Einsätzen des Rettungsdienstes sprach erneut Prof. Dr. Karutz, der selbst über 15 Jahre im Rettungsdienst aktiv war, mit einer Mischung aus eigenen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. In seiner Umfrage mit unfallbeteiligten Kindern fand er heraus, dass sich die Mehrheit der Kinder neugierig zeigt und eher dazu neigt, bei einem Unfall zu- statt wegzuschauen. Etwa 66% äußerten sich verärgert über untätige Erwachsene am Unfallort und 75% empfanden das Eintreffen des Rettungsdienstes als entlastend. Sind Kinder selbst Patienten, so solle man die Eltern nach Möglichkeit in die medizinischen Maßnahmen einbeziehen. Dies gelte auch im Falle einer Reanimation, wobei Eltern idealerweise regelmäßig über den Zustand ihres Kindes informiert und in der Ausführung einfacher Aufgaben (z.B. Infusion oder Hand des Kindes halten) bestärkt werden sollten. Den Eltern beispielsweise ebenso klar und deutlich mitzuteilen: „Im Augenblick schlägt das Herz Ihres Kindes nicht.“, sei wichtig für deren Realitätsprüfung, so Prof. Dr. Karutz.

Anschließend meldete sich wieder Peter Zehentner mit seinem Vortrag zum Umgang mit Kindern nach Notfällen bzw. Todesfällen in Kitas und Schulen zu Wort und stellte den Teilnehmern am Beispiel des Todes einer Schülerin vor, wie ein mögliches Vorgehen aussehen könnte. Man solle sich die Eltern zu „informierten Verbündeten“ machen, anstatt diese auszuschließen und zu „freien Radikalen“ zu erziehen, erklärte Zehentner. Ebenso einprägsam die Worte: „Was man selbst nicht hat, kann man auch nicht geben.“. Nur wer selbst Struktur, Orientierung und Sicherheit habe, könne dies auch gegenüber Betroffenen in der Begleitung vermitteln.

Schule

In ihren letzten beiden Vorträgen sprachen sich beide Experten für eine möglichst frühzeitige und offene Auseinandersetzung mit den Themen Sterben und Tod aus. So könne ein verstorbenes Haustier Anlass sein, bewusst mit einem Kind über den Tod zu sprechen, Rituale kennenzulernen und somit erste Erfahrungen im Umgang mit der Thematik zu sammeln.

Marco Koblitz, Oberbrandmeister der Berufsfeuerwehr Erfurt, berichtete abschließend über den Schulbusunfall auf der BAB 4 bei Erfurt. Mit einem durchaus kritischen Blick auf die Ereignisse zeichnete Koblitz den Verlauf ab dem Unfallgeschehen nach und zeigte den Bedarf für die psychosoziale Unterstützung der Betroffenen einmal mehr auf.

Musikalische Unterstützung erfuhr das Symposium durch den Diplom-Religionspädagogen und Musiker Jonathan Leistner, welcher die Abfolge der einzelnen Vorträge wiederholt aufbrach und die zeitweilig emotionale Stimmung der Teilnehmer mit Eigenkompositionen auflockerte.

Alle Vorträge der Referenten sollen ab dem 01.04.2016 auf der Internetseite des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. zur Verfügung gestellt werden: www.johanniter.de/erzgebirge.

Ein großer Dank für die Organisation dieses spannenden und wichtigen Fachsymposiums gilt dem Johanniter-Kreisvorstand Erik Schreier, Dirk Roscher, Dipl.-Med. Sven Spenke sowie allen Vortragenden und beteiligten Helfern.

Aue-Verabschiedung

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Krisenintervention und Notfallseelsorge Dresden e.V.

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